Durch Pakistan im Monster-Konvoi

Die Iranische Grenze von der Türkei her zu passieren war mühsam, korrupt und willkürlich. Und so war es auch bei der Grenze zu Pakistan: Nachdem wir bereits alle Stempel hatten und nur noch durch das Tor zu fahren brauchten hielten uns die Iraner noch mal an. Zwei Uniformierte und ein Pakistani als Dolmetscher. Die sollten dort eigentlich nur das Tor bewachen doch sie wollten unser Auto durchsuchen – bei der Ausreise – na schön, was will man tun. Wieder mal dachten sie der Weinessig ist Alkohol und wollten in natürlich auch gleich beschlagnahmen, ebenso unsere alkoholfreien „Istaks“ (bierähnliche Getränke). Dazu hat der eine mit seinen Stiefeln noch das Auto schmutzig gemacht und Raphi hat sich über die Willkühr und die Frechheit so genervt, dass er den Typen regelrecht zum Auto rausgeschmissen hat. Er hat ihn einfach an den Stiefeln gepackt und rausgezogen … Oje oje.. das war zu viel. Dann wurde der Eine richtig wütend und hat uns die Pässe aus den Händen gerissen und ist davon stolziert wie ein Pfau. Seine Körpersprache sah aus wie in einem 20er Jahre Stummfilm. Lächerlich, hätte der Idiot nicht unsere Pässe gehabt hätte Raphi wohl einen Lachkrampf gekriegt. Der Zöllner versuchte durch seinen Auftritt seine, hüstel, „Empörung“ und Überlegenheit ausdrücken und es sah einfach nur doof aus. Raphi hat dann geschnallt, dass er jetzt wieder lieb mit dem Armen sein muss und hat ganz nett „lotfan“ (Bitte) gesagt und den Pass dann auch erstaunlich schnell wieder bekommen.

Nach all der Willkür der Iraner fragten wir uns dann: wie wird wohl die pakistanische Grenze sein? Klar…dass muss eigentlich noch schlimmer sein, wir haben uns auf alles gefasst gemacht. (dies war übrigens die einzige offene Grenze zu Pakistan)

Weit gefehlt… Wir wurden sehr freundlich in Pakistan empfangen. Wir Touristen werden bevorzugt behandelt, dass war uns aber etwas unangenehm. Die Grenzhäuser sind einfache Lehmhütten, nach dem rausgeputzten iranischen Zoll suchten wir zuerst nach den offiziellen Gebäuden, bis wir merkten, dass die Hütten, die ebenso Ställe hätten sein können die Zollgebäude sind!! Darin dann einigermassen eingerichtet und wir durften dort Platz nehmen und wurden ganz freundlich registriert, eine Webcam hat sogar ein Foto von uns gemacht.. Verkehrte Welt….alles schön auf Englisch. Wir staunten wie problemlos die Einreise nach Pakistan ablief und ca. nach einer Stunde haben wir es dann auch geschafft.

Bei der Grenzpolizei erhielten wir dann auch gleich eine Eskorte ins Auto gesetzt…

Wir fuhren den ganzen Tag mit „einer Mann mit Kalaschnikow im Auto Eskorte“ nach Dalbandin, wo wir gleich freundlich ins Hauptquartier der Eskorte reingewinkt wurden um dort unsere Busse abstellen und schlafen zu können. Super freundlich 🙂 Alles lief wie am Schnürchen, einfach unglaublich!

Am Morgen danach stand dann auch schon pünktlich die Eskorte vor unserem Bus um uns nach Quetta zu bringen. Die Eskorte hat sich schön flüssig abgewechselt…wir staunten richtig. In den Städten waren die Eskorten jedoch etwas anstrengend, alle wenige Kilometer wird gewechselt und wir mussten richtig lange warten und erreichten erst bei Dunkelheit unser Ziel, das Bloom-Star Hotel. Einmal wurde eine 10 köpfige, Militärjeep, Kalaschnikov-Eskorte von einer „Mann mit Motorrad und Kalaschnikov Eskorte“ abgelöst… Wie viel Sinn das macht blieb fraglich. Nur die Kalaschnikovs blieben konstant bestehen.

Das Bloom-Star Hotel ist was die Hygiene betrifft nicht so der Stern, dafür haben wir dort gleich weitere Overlander getroffen, die abgefahrene Routen fahren. Da ist mal der Schweizer Arnold mit seinem Fahrrad unterwegs, der Österreicher Franz mit seinem Motorrad und das englische Rentnerpaar, das mit ihrem Monsterlastwagen von Ägypten her kam.

Da wurde nicht lange geredet, wir entschieden uns alle kurzer Hand zusammen weiter die südliche Route nach Sukkur im Monster-Konvoi weiterzufahren. Nur Arnold der Genfer blieb zurück um seine weitere Route zu planen.

Am nächsten Morgen sind wir dann alle (Motorrad, unser Bus und die zwei Laster) mit unserer Eskorte von Quetta aus gestartet. Vorne die Polizei und dahinter ein Monster-Konvoi, der sich durch die Stadt schlängelte…..chchch……einfach zu geil! Wir haben uns alle sehr über diesen Zusammenschluss gefreut, denn zusammen macht es einfach mehr Spass 🙂

Die südliche Route führt durch den Bezirk Sindh, welcher von der Flut betroffen wurde. Da hat es ein ganzes Stück Strasse weggeschwemmt und wir mussten auf Strassen fahren, die eher eine Interpretation von einer Strasse sind. Ausserdem ist die Flut noch nicht ganz abgeklungen und die Strasse war teilweise noch komplett von Wasser umgeben. Das war ganz schön eng auf diesen Strassenteilen….es war alles mit Lastwagen verstopft, das totale Verkehrschaos auf Pakistanisch, doch unsere Eskorte hat uns durch das alles einen Weg gebahnt. Extra für uns Touristen…..krass oder? An diesem Tag hat unsere Route ca. 12 Stunden gedauert….echt anstrengend für die Fahrer.

Dazu kamen noch die schwer verdaulichen Eindrücke der Verwüstungen, welche die Flut geschaffen hat. Kurz vor der Stadt Sukkur reihen sich Flüchtlichgs-Camps (Zeltstädte) aneinander. Da wohnen Menschen die alles in der Flut verloren haben und nun in den von Hilfsorganisationen gespendeten Zelten leben müssen. Und wir düsen da mit unseren fahrbaren Häusern einfach so durch. Da kamen uns Gefühle der Ohnmacht hoch und alles was so dazu gehört. Im Stau hat mal ein Pakistani André nach seiner Nationalität gefragt. Als der sagte Germany, hat der Pakistani geantwortet: „Thank you Germany, Thank you“. Damit hat er sich für die Hilfe im Überschwemmungsgebiet bedankt. Unglaublich!

In Sukkur wollten wir vor einem Hotel parkieren wo uns unsere Eskorte abgestellt hat, mit der Zusage, dass es sicher sei. Doch es vergingen nur wenige Minuten bis es an unsere Scheibe klopfte. Draussen stand ein Typ im pakistanischen Schlabberlook mit Militärjacke und meinte er sei die Touristensicherheitspolizei und es sei nicht sicher hier. Ja klar, das kann ja jeder sagen, dachten wir uns. Also kramte er aus seinem Portemonnaie eine laminierte Karte heraus. Polizeiausweis mit Foto…..aha…genau 😉

Wir haben ihm das einfach nicht abgenommen, also stieg Raphi mal aus um die Situation zu klären, als dann noch ein Typ mit Schlabberlook dazu kam und behauptete der Vorgesetzter des anderen zu sein. Sehr glaubwürdig…..Da wir in kein Hotel wollen, boten uns die zwei freundlichen Herren ihr Polizeihauptquartier zum übernachten an. Es sei ja gleich um die Ecke.

Raphi verliess sich auf seine Menschenkenntnis und wir liessen uns überzeugen und folgten den zwei Herren auf Motorrädern mit unseren drei Fahrzeugen. Doch es war nicht ganz um die Ecke und die Strassen wurden immer leerer und dunkler. Da haben wir schon einwenig schiss bekommen, doch auf einmal standen wir mit unserem Konvoi vor einem riesigen Tor, dass sich als Polizeihauptquartier entpuppt. Uns viel ein Stein vom Herzen 🙂 Fazit, wenn man hier in Pakistan einen laminierten Ausweis besitzt ist man voll der Chef, wohl gemerkt!

Natürlich wurden wir dort wieder von einem Vorgesetzten der beiden Herren freundlich empfangen, konnten unsere Busse super einparkieren und wurden zu Tee und Gelaber eingeladen. Am frühen Morgen waren wir dann auch schon von neugierigen Polizisten umzingelt die uns Weisse mit unseren komischen Fahrzeugen begutachteten. Am Nachmittag hat uns der Chef der Touristensicherheitspolizei eine Tour durch Sukkur gegeben. Er mit dem Motorrad und wir mit zwei Rikschas hinterher.

Als am nächsten Morgen unsere versprochene Eskorte nicht rechzeitig zur Stelle war, haben sie uns einfach ohne weiter nach Multan geschickt. Wir waren sehr erleichtert, endlich wieder frei in unserem Tempo fahren zu können und nicht immer auf neue Eskorten warten zu müssen.

Trotzdem muss ich hier noch erwähnen, dass ich für all die Eskorten dankbar bin. Ich habe mich durch sie oft sicherer gefühlt. In den Städten war es zum Teil echt krass. Da fuhr ein Pickup mit 5 bewaffneten Männern vor und wenn wir anhalten mussten, für den Eskortenwechsel, stiegen alle aus dem Wagen und sicherten unsere Fahrzeuge ab. Wahrscheinlich wären wir ohne diese Polizeipräsens weniger aufgefallen, trotzdem, der Aufwand welcher für uns kostenlos betrieben wurde war enorm und das nur, weil wir nach Indien in die Ferien wollen!

Die Organisation der Eskorten in Pakistan hat uns wirklich umgehauen. Kaum sind wir aus einem Distrikt herausgefahren, stand schon die nächste bewaffnete Eskorte mit ihrem Auto bereit um uns weiter zu begleiten. Egal ob sie sich manchmal nach hinten wegfallen liessen und uns alleine weiterfahren liessen. Ausser in den Städten mussten wir nie lange warten und das fanden wir einfach im Gegensatz zum Iran herausstechend 🙂

Die Pakistanis sind zum grösstenteils extrem freundlich und gastfreundlich. Ein paar wenige Ausnahmen schauten uns grimmig an und wie wir erfahren haben gibt es in allen Städten in Pakistan Taliban und Menschen die uns alleine wegen unserer Hautfarbe hassen. Aber gemerkt haben wir davon fast nichts. Die Gegensätze sind wieder mal gewaltig. Da sitzen diese Leute in Lehmhütten mit Strohdach und haben Fotohandys. Diese wollen sie auch immer benutzen. Wo auch immer wir auftauchten mussten wir für Gruppenfotos hinhalten. Wie Tiere im Zoo kamen wir uns manchmal vor. Man stelle sich vor ein schwarzer Mensch steigt in Zürich aus dem Auto und innert einer Minute stehen 30 Leute im Kreis um in rum und wollen sich mit ihm fotografieren lassen…?? Uns passiert das andauernd.

 

Eine weitere typische pakistanische Sache sind die EXTREM verzierten Lastwagen und ihre Angewohnheit diese (und alle Fahrzeuge) bis aufs letzte zu beladen. Diese Lastwagen kippen dort täglich um wie besoffene Bayern am Oktoberfest. Wir sahen zig umgestürzte Lastwagen. Busse werden ebenfalls beladen bis zu geht nicht mehr. Da sitzen locker mal 15 Leute IN einem Toyota HiAce und dann nochmal 5-10 auf dem Dach oder hängen hinten dran.

Die Strasse von Multan nach Lahore war dann einfach der Hammer. Wir waren in kürzester Zeit da. Dort mussten wir uns leider von Bart und Rowen mit ihrem Truck verabschieden, welche nach Islamabad fuhren um ein Indien Visum zu beantragen. Es hat dann noch über eine ganze Stunde gedauert die Stadt zu umfahren wir fuhren nach Google Maps Karten, welche absurdestens kaputte Nebenstrassen für Hauptstrassen hielt und so wurden wir noch mal RICHTIG durchgeschüttelt. Dann das letzte Stück zur Grenze: 6 spuriger Highway in perfekten Zustand. Alles geradeaus, rausgeputzt wie eine Zielgerade kams uns vor, doch anstatt vollgas zu geben fuhren wir gemächlich und mit Würde bis zur Grenze!

Wir kamen um 3 Uhr am Wagah Border an. Diese Ankunftszeit ist fast perfekt. Denn die Grenze wird um 16.00 Uhr geschlossen und deshalb wollen alle nach Hause. Sie haben uns regelrecht aus Pakistan rausgeschmissen und der überaus komplizierte indische Zoll hat alles gegeben um uns so schnell wie möglich nach Indien rein zu werfen 🙂 Die Zöllner auf beiden Seiten, Pakistan und Indian, Erzrivalen, waren trotzdem um die Wette freundlich zu uns. Ein Schauspiel, unglaublich. Die beiden Grenzstationen sind Kunstwerke. Verglichen mit dem Pakistanischen Lehm-Zoll bei Iran geradezu absurd. Von Iran bis Indien durch Pakistan: Eine Zeitreise von 100 Jahren. Nur die Handys gibts überall 🙂

Jetzt sind wir in Indien! Wir haben es geschafft! Wir fühlen uns fast wie zu hause angekommen zu sein und gingen erst gleich mal indisch Essen. LECKER! Zehn mal Bodenkontakt, drei kleine Beulen, null Pannen, null platte Reifen! Einfach perfekt! Doch es steht uns noch viel bevor, denn Indien ist RIESIG und wir sind noch ganz im Norden… kalt ist es wieder mal. Nepal kommt im Frühling dann auch noch und Nordindien ist ein Novum für uns. Rajastan kommt als nächstes.