Die Südküste der Türkei hat uns mit Wärme und Sonnenschein begrüsst. Damit meine ich das Wetter und auch die Menschen. Die Landschaft erinnert mich teilweise ans Tessin mit steilen, bewachsenen grossen Hügeln bzw. kleinen Bergen. Nur trockener. Wir finden es umwerfend schön. Weil die Erde oft rot ist erinnerte es uns auch oft an Goa in Indien. Das Meer ist wie in Griechenland kristallklar, manchmal türkis und sehr sauber. Mitte Oktober immer noch super Temperatur zum Baden. Unser erstes Navi-Ziel war Ögeldögeldeniz.. ähm nein, Ölüdeniz, aber ehrlich, geschriebenes türkisch ist ein Kliche aus ös und üs, total lustig, wir erfinden aus Spass immer irgendwelche Wörter oder Sätze die wir lustig finden 🙂
Wir kamen im Dunkeln in Ölüdeniz an und obwohl wir wussten, dass es touristisch ist waren wir überrascht WIE touristisch. Die Nacht verbrachten wir VOR einem Campingplatz welcher zumindest für den Tag bereits geschlossen hatte. Nachdem wir die halbe Nacht mit türkischer Ballermannmusik zugedröhnt wurden machten wir uns am morgen aus dem Staub ohne den Campingplatz überhaupt anzuschauen.
Relativ nahe an Ülebüledeniz war laut Reiseführer ein Aussteigerort gelegen, wir erwarteten bereits, dass dies mit dem Auto wahrscheinlich kein Platz zum bleiben war, doch wir hatten gerade Lust dort mal hinzufahren. Die Strasse war direkt am Gebirgshang entlang, über dem Meer. Unglaublich schön und ein paar Buchten und Schluchten weiter kamen wir an den Ort der ohne weiteres ein Paradies sein könnte. Ein paar wenige Häuser, Obstbäume, Gemüsegärten, alles am Hang gebaut ganz unten eine kleine Bucht mit Strand. Dieser Frieden, unglaublich. Ein paar entspannte Menschen am Gärtnern. Wenn ich alle meine Freunde mitnehmen könnte würde ich dort sofort hinziehen. Ganz runter zum Meer führte nur eine mörderische Strasse betitelt mit einem Schild „Full Moon Pension, possible with car“. „possible“ naja… das ist ein weiter Begriff. Das Risiko wollten wir definitiv nicht eingehen. Dort wäre wohl die einzige Übernachtungsmöglichkeit gewesen. Das ist der Fluch an unserer Art des Reisens. Man findet auch Orte an denen man mit Auto nicht bleiben kann. So zogen wir weiter, aber nicht schweren Herzens sondern dankbar für die Schönheit die wir sehen durften.
Wir entschlossen uns dann noch mal ein paar Tage auszuspannen bevor wir eine wahrscheinlich weniger entspannte Etappe unserer Reise antreten: Indien Visum in Ankara. Also fuhren wir ostwärts der Küste entlang und hielten irgendwo um im Internet nach Campingplätzen zu suchen. WiFi- Restaurants finden sich zum Glück leicht in touristischen Gebieten. Schnell fanden wir den „Andriake Camping“ in Demre, welche gemäss Bildern und Homepage ganz toll aussah. Demre war nur 90 Minuten entfernt. 90 Minuten fahren, das ist für uns schon keine Distanz mehr. Ein Katzensprung… Zürich – Bern, ca. 90 Minuten, fanden wir vor 4 Wochen noch ermüdend 🙂 Alles eine Frage der Wahrnehmung.
Andriake Camping war dann ein Schock. Direkt an einem Hafen gelegen, mit einer Strasse vom „Strand“ getrennt. „Strand“ heisst in diesem Fall ein 5 Meter breiter Fleck Sand der ein Lastwagen beim Vorbeifahren fallen gelassen hat. Andriake Camping in der Südtürkei: BIG NO GO. Never ever go there! Irgendwie meinen die Betreiber das alles sehr gut, pflegen ihren 20 x 20 Meter Grundstück und ihre Homepage sehr gut, doch die Location ist eine Katastrophe.
Wir fuhren dann, immer noch guter Dinge, nach „Olympos“ ein reiner Touristenort, welcher direkt an Ruinen einer alten römischen Stadt gebaut ist. Linda war da schonmal und wusste, dass man es dort aushalten kann. Die Landschaft und die Ruinen fand ich die Reise dorthin zweifellos wert. Die Ruinen sind „naturbelassen“ also nicht künstlich aufgebaut und restauriert, sondern von Natur durchwachsen und übernommen. Mir geben solche Orte immer zu denken. Vor 2000 Jahren haben die Menschen dort gelebt und geliebt, eine ansehliche Stadt aufgebaut mit Monumenten, Innschriften und kunstvoll verzierten Säulen. Sie haben für sie und um sie gekämpft, es war der Mittelpunkt von tausenden von Leben. Und heute? Nur noch am Boden liegende Steine, einige wenige intakte Bögen und Wände. Die Natur hat sich alles zurückgenommen, die Menschen sind verschwunden und die Inhalte der Innschriften wirken naiv und, oder, belanglos. Und wir? Wir tun das gleiche, bauen Häuser, Städte, führe Kriege, stimmen, aber verbieten Minarette und schreiben Blogs und finden das alles unglaublich wichtig. In 2000 Jahren werden nur noch Ruinen davon übrig sein (in der Schweiz natürlich nicht von Minaretten) und falls irgendjemand unsere „Innschriften“ entziffert werden sie naiv und, oder, belanglos wirken.
Olympos hat einen wunderschönen Strand der direkt mit dem Strand von „Cirali“ verbunden ist. (nördlich). Aufgrund der Topografie muss man aber ca 30 Minuten um und über Berge fahren um von Olympos nach Cirali zu kommen. Nach unserem eindrucksvollen Tag in Olympos taten wir das, denn bei Cirali liegt auch noch das „Chimaera“ dort strömt Gas aus dem Boden aus und entzündet sich (anscheinend) wenn es an die Luft kommt. Kurz, es hat dort einfach Flammen die aus dem Boden kommen. Sieht gespenstig aus, besonders Abends, auch der Fussmarsch dort hinauf ist sehr schön. Wir schauten uns das an und entschlossen nach unserer Campingplatz Enttäuschung nicht
mehr weiter nach einem schönen Plätzchen zum ausruhen zu suchen, sondern zu nehmen was kommt und weiter zu ziehen. Da es bereits dunkel war fuhren wir ohne grosse Ziele zum Strand um dort zu übernachten. Am nördlichsten Ende von Cirali fanden wir dann einen riesigen Sandplatz auf dem drei Wohnmobile standen. Wir drehten eine Runde über den Platz um einenguten Stellplatz zu finden und entschlossen uns hinter einem grossen Busch zu parken, weil der ganze Platz eigentlich „Parkverbot“ war. Ich fuhr dort also hin, im Sand versteht sich, und hielt. Wir standen leicht schräg, was ich nicht so lustig finde zum Schlafen, also fuhr ich ein wenig rückwärts und rechts vorwärts um gerade zu stehen zu kommen. Et voila! Zum ersten mal den HiAce in den Sand gesetzt! 4×4 nützt nicht viel wenn die Radaufhängungen auf Sand aufstehen. Wir sassen fest. Na egal, wir standen gerade 🙂 Am morgen mussten wir zweimal kurz ein wenig graben und schon waren wir wieder flott. 4×4 hat dann auch wieder genützt. 🙂
Dann kam ein alter Mann auf einem Fahrrad und erklärte uns, dass wir hier parken und schlafen dürfen für 5 Lira (4Fr). Duschen und WCs (oder so was ähnliches) hatte es irgendwo hinter einer Düne auch. Toll! Er sagte wir dürfen überall parken. Ganz vorne am Strand auch? Ja! WOW! Jetzt standen wir also ganz vorne, direkt am Meer, kristallklares Wasser, Sonne, umgeben von wunderschöner Natur. Wer nicht suchet, der findet. 🙂 Wir campten dort also ein paar Tage. Sonnen- und Mondaufgänge über dem Meer vom Bett aus und am Morgen Sonne und Vollmond die sich gegenüberstehen. Unglaublich. Diesen Ort kann ich jedem mit Camper voll empfehlen. Fast keine Infrastruktur dafür grenzenlose Freiheit und Schönheit. Der alte Mann kommt jeden Tag vorbei und will seine 5 Lira. Ob das legitim ist wissen wir nicht, aber es ist uns egal. 🙂
Der Solarbetrieb unseres „Hauses“ funktioniert übrigens perfekt. Bei vollem Sonnenschein ist die Batterie nach der Nacht lange vor Mittag schon wieder voll. Selbst mit Musik und gelegentlichem Laptopbetrieb (Kühlschrank nonstop) haben wir die Batterie immer voll. Genial wir sind sozusagen Autark. 200W Solarzellen aus China über Ebay, liefern zwar maximal 140 Watt in der Realität aber reichen locker aus um unsere Stromgelüste zu stillen, zumindest bei mindesten 3-5 Stunden Sonne pro Tag. Aber auch ohne Sonne hält die Batterie 3-5 Tage.
Die freie Zeit haben wir übrigens, auch in Rhodos, genutzt und am HiAce noch die letzten Tweaks vorgenommen. Moskitonetze mit Klettverschluss und viele kleine Details die noch fehlten. Langsam fühlen wir uns bereit für „den Ernst des Lebens“ bzw. die abenteuerlicheren Teile unserer Reise 🙂
Die Mission „Indien Visum in Ankara“ ist übrigens gescheitert.. dazu aber später ein mal 🙂