Da stehe ich nun auf über 4800 Metern im Himalaya und schaue einem schwarzen wuschlig, knuffligem Yak in die Augen. Was für eine Ausstrahlung, was für ein Tier.
Doch mit dem eigenen Auto nach Tibet einzureisen war nicht ganz einfach. Der Krimi hat schon in Kathmandu angefangen, als wir einen Tag vor Abreise immer noch keine schriftliche Einladung von Tibet in der Hand hielten. Wirklich erst am Abend vor unserem letzten Visumtermin ist sie dann eingetrudelt und wir konnten unser China-Express-Visum in einem Tag beantragen und es am Abend vor der Abreise abholen. Was für ein Nervenkrieg 🙂
Am Sonntag standen wir dann vollzählig und pünktlich mit unseren 5 Autos an der Chinesischen Grenze. Unser Tibetguide war auch schon da und liess uns wissen, dass die Einreise nach Tibet am Sonntag nicht möglich sei. Nicht gut…..
Da der Guide aber irgendwelche Connections zum Zoll hatte, konnten wir schon mal über die Grenze fahren.
In China über die Grenze zu fahren ist relativ lustig. Zuerst wollten sie, dass wir unsere Fahrzeuge ganz ausräumen und alles Hab und Gut durch das Zollhaus tragen. Nach der Untersuchung des ersten Fahrzeuges, merkten sie dann schnell, dass das 2 Tage dauern würde und verzichteten darauf. Was für ein Glück.
Dazu erhielten unsere Fahrzeuge noch eine „Zollwäsche“, leider ohne Unterbodenwäsche. Am chinesischen Zoll werden nämlich alle Fahrzeuge von aussen desinfesziert. Etwa so wie in der Waschstrasse, echt klasse.
Die Zollbeamten waren sehr nett, sie haben unsere Mathmi einwenig durchsucht und sogar Raphis Kleider wieder sorgfältig in den Kasten eingeräumt. Das hat bis jetzt noch kein Zoll für uns gemacht. Sehr nett, danke.
Im nächsten Dorf mussten wir dann in einen Innenhof einparkieren und dort standen wir dann auch für die nächsten 2 Tage, weil anscheinend eine Unterschrift eines Offiziers aus Lhasa fehlte. Was da wirklich im Busch war, wissen wir bis heute nicht, da sich unser Guide immer wieder in Wiedersprüche verstrickte. Eins ist jedoch klar, in
China müssen immer kleine „Geschenke“, wir nennen es „under table money“, an Offiziere oder Staatsangestellte gemacht werden, damit etwas in Bewegung kommt. In unserem Fall ging es um die Bewilligung für die Fahrzeuge, welche aus irgendwelchen Gründen noch nicht bereit lag.
Als wir uns am Abend des zweiten Tages bereits in unseren Bus einwenig genervt einkuscheln wollten, kam plötzlich die Bewilligung zum weiterfahren….juheeee…..wir waren so was von erleichtert.
Da es schon nach 6 Uhr Abends war, fuhren wir dann auch nicht mehr so weit und liessen uns bereits vor dem ersten hohen 5000er Pass bei Schneesturm und eisiger Kälte in einem kleinen Bergdorf auf etwa 3200 Meter über Meer zur Ruhe.
Die erste Nacht im Himalaya war bereits sehr heftig. Eisige Kälte und die Höhe liessen uns nicht besonders gut schlafen. Doch am Morgen wurden wir dafür mit blauem Himmel und grandioser Sicht auf die Berge geweckt.
Der erste Tag im Himalaya Gebirge und in Tibet war für uns fast am eindrücklichsten, weil es neu war und wir endlich unser Ziel erreicht haben in Tibet zu sein. Wie wird Tibet wohl sein und wie wird sich Tibet für uns anfühlen? Die Fahrt durch das Gebirge war unbeschreiblich, ich glaube den Himalaya kann man Gefühlsmässig gar nicht beschreiben. Er ist ein sanfter Riese mit einer unglaubliche Ruhe und Stärke in einem…..etwa so….schaut euch am besten einfach die Bilder an.
In Tibet hat unser aber nicht nur der Himalaya und wenig Sauerstoff den Atem geraubt, sondern auch die Vielfalt an knuffligen Tieren, die dort über 4000 Meter grasen. Da gibt es mal die Yaks, die nur in dieser Höhe existieren können. Was für ein Tier, ich meine wirklich, was ist das nur für ein knuffliges, kurrliges, gehörntes Tier, das versucht einer Kuh ähnlich zu sehen?
Dann gibt es dort die tibetischen Hochlandgeisen, die ebenfalls ein langes, knuffliges Fell tragen und Hörner mit psychedeliksten Windungen ihre Köpfe schmücken. Die kleinen Geisslein sind so wuschelig, dass sie wie junge Hunde aussehen….Köstlich.
Auch die Hunde und Schafe haben im Tibet das Hochlandkuschelknuffelfell, in was man sich am liebsten einfach einkuscheln möchte. Wir konnten uns das jööööö und ach wie herzig alle 10 Minuten nicht verkneifen.
Im Übrigen tragen auch die Kinder im Tibet den Knuffellook, da sie oftmals ziemlich verfilzte Haare haben 🙂
Ach ja….wo war ich schon wieder…genau…wir fuhren also Richtung Shigatse um unsere Nummernschilder für die Fahrzeuge und unsere Driver License zu machen.
Natürlich mussten wir wieder eine ganze Weile warten….Die Beamten in Tibet arbeiten von 10 – 12 Uhr und von ca. 4 -6 Uhr…nicht gerade viel und da am Vormittag niemand Lust hatte sich uns anzunehmen schlugen wir die Zeit in einem muslimischen Restaurant mit übermässig viel Essen tod.
Am Nachmittag musste je ein Fahrer pro Fahrzeug beim Polizeioffizier antraben und sich die Verkehrsregeln anhören, Passfotos für den Ausweis machen und fast fertig. Denn bevor wir die Nummernschilder und Ausweise erhielten mussten unsere Autos noch beim chinesischen Strassenverkehrsamt geprüft werden. Zu unserem erstaunen waren die Bremsen aller unserer Fahrzeuge nicht genügend…..genau….so ein Zufall…..
Durch ein kleines „Geschenk“ an die zuständige Stelle, von 50 Yuan pro Wagen, konnten wir dann doch mit einem Genügend davonrollen. Perfekt inkorrekt 🙂
Nach einem Klostersightseeing, fuhren wir dann samt allen nötigen Dokumenten am Abend aus der Stadt raus. Unser Guide „Wan Chuck“ war meiner Ansicht nacht nervig, weil er nicht aufrichtig zu uns war und wegen einer weiteren Bewilligung nach Lhasa drängte. Dabei wussten wir nichts von einer weiteren Bewilligung und fanden deshalb sein drängen etwas suspekt. Seine eher gestresste Art und Campingunfreundlichkeit, machten die ersten Tage in Tibet etwas anstrengend für uns. Darum möchte ich hier an dieser Stelle einen kleinen Wan Chuck Limerick aus seinen englisch Ticks platzieren:
„So what im going to telling for you is, that what we do, is useless, but what I can telling you for now is, that it is up to you…that is my idee“
genau….so wars etwa bis Lhasa….
Lhasa….was für die einen der Höhepunkt der Reise in Tibet darstellte war für uns der Tiefpunk Tibets. Die Hauptstadt von Tibet hat sich für uns ganz und gar nicht tibetisch angefühlt. Lhasa ist eine super moderne chinesische Stadt, wo man das alte Tibet, in den kleinen Seitenstrassen suchen muss. Überall ist grosse Polizei- und Militärpräsens. Keine Ecke bleibt verborgen, die Kamera auch in den kleinsten Gassen sieht alles. Die Altstadt von Lhasa ist übersäht mit Touristenständen, die irgendwelchen tibetischen Schnickschnack verkaufen welcher in Nepal hergestellt wird, einfach grässlich. Als wir dann endlich vor der Potala (dem ehemaligem Sitz des Dalailama) standen, kamen mir nur noch die Tränen. Da standen wir auf einem riesigen weissen Platz, der aus dem Boden (oder besser gesagt ehemaligem See) gestampft ist. Wenn man seine Tasche auf den Boden abstellt, wird man von der Polizei ermahnt, diese wieder aufzuheben. Kontrolle pur. Einfach schrecklich…..Wir spürten nur Leere und Trauer und machten uns schon nach einer kurzen Weile aus dem Staub. In Lhasa wurde die Unterdrückung und Kontrolle von Tibet schmerzend sichtbar. Mehr über die Tibetsituation schreibt aber Raphi in seinem Chinabericht. Eins wurde uns jedoch auf der Fahrt durch Tibet klar. Tibet gibt die Hoffnung eines Tages wieder frei zu sein nicht auf und zählt auch auf die neue Generation von Tibetern und Chinesen. Das ist doch irgendwie trostspendend.
Neue Hoffnung hat auch unser neuer chinesischer Guide „Rick“ gebracht, der am Abend jeweils zack zack sein kleines Zelt im freien aufstellte und mit uns an den wildesten Orten campte. Einfach herrlich. Er war ein grundehrlicher und lustiger Mensch, es war wirklich eine grosse Bereicherung ihn als Guide dabei zu haben.
Die tibetische Hochebene war ein wahres Highlight für uns Tieflandnasen. Wir fuhren etwa eine Woche auf ca. über 4000 Metern. Das Land da oben war eine grosse weite Fläche, wir hatten oft fast vergessen wie Hoch das wir ständig waren. Wenn wir dann einen 5000 Meter hohen Pass überquerten, viel diese Höhe gar nicht mehr ins Gewicht. Nur wenn wir auf unserem Navi wieder die Höhe abriefen, versetzte uns diese faszinierende Ebene ins volle Staunen. So eine Passüberquerung zog sich manchmal den ganzen Morgen hin. Wir fuhren nur ganz langsam immer höher und auf einmal standen wir da erstaunt wieder auf einem Pass. Da sind die schweizer Pässe, welche man innerhalb einer Stunde überquert „Pillepalle“ dagegen. Die Pässe in Tibet sind immer mit tibetischen Gebetsfahnen und kleinen Tempeln geschmückt. Da macht es richtig Spass ganz oben anzuhalten und sich im farbigen Fahnenmeer zu verlieren.
Die Höhe und auch die kalten Temperaturen machten unseren europäischen Körpern das Leben aber nicht ganz einfach und so waren wir dann nach dieser Zeit doch froh wieder etwas in gewohntere Höhenmeter hinunter zufahren.
So schnell liessen uns die Berge aber nicht gehen. Der Himalaya verabschiedete sich von uns mit einem majestätischen Abgang. Komische Knubbelberge und tiefe Furchen in der Erde, welche kleine Canyons bildeten, liessen unseren Atem noch das letzte mal stocken. Was für ein unglaublich schöner Anblick, was für ein unbeschreiblich schönes Land.
In der Zwischenzeit bin ich wieder auf gewohnter Höhe und habe die knuffligen Yaks, Ziegen und Schafe hinter mir gelassen.
Jetzt träume ich bereits von den vergangenen Tagen in der Takla Makan Wüste und von wilden Kamelen und Wüstenmäusen 🙂